Samstag, 3. April 2010

Susanne Fröhlichs "Und ewig grüßt das moppelich" -3-

Das ist leider kein inspirierendes, lebensfrohes oder motivierendes Buch.
Frau Fröhlich erinnert stark an ein unglückliches Kind, das nicht mitspielen darf und seine verletzten Gefühle hinter bösen Worten über die garstigen Kinder versteckt, die es soeben ausgegrenzt haben.
Sie klingt nicht, als hätte sie eine lebensbejahende Entscheidung zugunsten ihrer Pfunde getroffen, sondern eher wie ich im Winter, als meine Töchter im tiefsten Schnee in Ballerinas und Converse Schuhen den Schulweg antreten wollten und ich mich ihnen mit warmen Schuhen in den Weg warf.
Meine Argumente waren gut und richtig, aber nach 2 Tagen musste ich feststellen, dass das Weibsvolk die dünnen Schühchen in ihren Schultaschen an mir vorbeischmuggelten und an der Bushaltestelle aus den klobigen Schuhen schlüpften, die sie dann in einer Tüte an der Bushaltestelle ließen - dort hat sie übrigens auch niemand* geklaut, denn klobige Schuhe sind einfach nicht "in", egal wie vernünftig sie auch sein mögen.

*Niemand außer Mami natürlich, die das Weibsvolk dann mit der Tüte in der Hand daheim begrüßte.

Nein, Frau Fröhlich schwärmt nicht von Pfunden, den Sinnesfreuden üppiger, weicher Körper oder den Gaumenfreuden des Essens.
Stattdessen ätzt sie gegen Dünne und das in einer Form, die ich selbst nicht nachfühlen kann.

Ich fasse es nicht, dass eine gestandene Frau ihres Alters sich vom eigenen Sohn als Abfalleimer missbrauchen lässt und brav auch noch das zweite pappige Flugzeugbrötchen verschlingt, weil Sohnemann es nun einmal nicht essen mag.
Und das ist die gesunde, vernünftige Alternative zum Dünnsein?

Sie beschwert sich bitterlich über alle anzüglichen Bemerkungen über Dicke und selbst bringt sie Formulierungen über Dünne und Alte, dass ich des öfteren unbehaglich zusammengezuckt bin.
... mit ihrer Langlebigkeit können es Fettzellen mühelos mit Jopie Heesters aufnehmen. Selbst wenn man sie etwa durch das Fettabsaugen versucht zu eliminieren, tauchen die fiesen kleinen Biester eben einfach an anderen Stellen wieder auf ...
Sie selbst, die sie ein Buch namens "Moppelich" auf den Markt bringt und damit dann in wirklich jeder Sendung auftritt, die sie einlädt, "wundert" sich, dass eine Venus-Skulptur scherzhaft "Frau Fröhlich" genannt wird und findet aber gar nichts dabei, Jopie Heesters mit fiesen kleinen Biestern zu vergleichen, die man nicht eliminieren kann?
Autsch!
Evtl. vergisst sie dabei, dass sehr viel mehr Menschen von ihrem Buch gehört haben, als es gelesen wurde und sie damit schlicht und ergreifend mit dem Begriff "Moppelich" gleichgesetzt wurde. Hera Lind war da geschickter, indem sie "das Superweib" auf den Markt brachte und auch lange selbst als "Superweib" gehandelt wurde.

Der Fehler an dem Buch fiel mir am Beispiel von Crystal Renn auf, die in ihrem Buch "Hungry" ihre Laufbahn als Model schildert. Frau Fröhlich greift all das Negative auf, das Crystal Renn umdenken ließ, denn mittlerweile ist sie Übergrößenmodel.
Mich würde interessieren, wie es ihr als Übergrößenmodel geht. Ist sie jetzt glücklicher? Es wäre toll, wenn Frau Fröhlich in ihrem Buch die Vorzüge des Lebens als Übergrößenmodel gegenüber der eines normalen Models schildern könnte.
Diese Chance verpasst sie aber.
Mir ist eh nicht klar, weshalb sie soviele Seiten den ganz Dünnen widmet.
Über einige Seiten ziehen sich die vollkommen absurden Ernährungs-Paragraphen der "Anas", die Magersucht schön finden.
Welcher Moppel strebt denn diese Regionen an?
Will Frau Fröhlich uns klarmachen, dass sie nur deshalb alles aufisst, was andere nicht wollen, weil die Alternative die Magersucht ist?
Das ist mir alles zu krass, zu feindselig und streckenweise auch zu dumm.

Im Auftrag ihrer ewigen Schenkelklopfer-Vergleiche, haut sie auch gerne mal komplett daneben:
Bei den oberen Zehntausend erkennt man nämlich schon an der Kleidergröße, wer dazugehört und wer nicht. Und wenn dort - zumindest beim weiblichen Teil - oft mehr kalorische Kargheit herrscht als in einem Hartz-IV-Haushalt, dann ist das eine Art Vereinsabzeichen, das sagt: Ich gehöre hierher.

Hä?
In den Hartz-IV-Haushalten herrscht kalorische Kargheit und deshalb erkennt man die Reichen am Dünnsein?
Susanne, Susanne, kennst Du schon den Blubb?
Das war einer!

Das Gegenteil ist nämlich der Fall:
Fett ist ein preiswerter Geschmacksträger und je billiger man Schmackhaftes zubereiten möchte, desto mehr Fett gehört rein.

Nein, sorry, aber das ist leider ein Buch geworden, das man getrost NICHT lesen braucht, denn als Rollenvorbild für selbstbewusste Moppel taugt niemand, der so gegen Dünne austeilt, statt ein üppig genießendes Lebensgefühl zu transportieren.

Dazu kommt, die übelsten Dicken-Tratschereien, die mir seit langem begegnet sind, finden sich allesamt in ihrem Buch.
Man erfährt, dass Ophra wieder zugenommen hat, wieviel die Frau von Pierce Brosnan wiegt, wie über diesen und jenen Star hergezogen wurde, als sie zunahm und Kirstie Alley, die gerade eine Fortsetzung zu ihrer Sitcom "Fat Actress" herausbringt, macht sie auch zum Opfer.

Kirstie Alley ist 59 Jahre alt, dick und gut in einem Geschäft, das eigentlich den Dünnen und Jungen vorbehalten ist. Sie ist ein Star!
Meine Güte, Frau Fröhlich!
Statt akribisch irgendwelche Beleidigungen zu sammeln, die dümmliche Journalisten über dieses Prachtweib zusammenstammeln, hätten Sie doch mal schildern können, wieviel Geld und Ruhm Frau Alley mit ihrem Gewichtsjojo verdient und mit wieviel Humor sie sich selbst persifliert.
Das ist eine verdammt clevere, toughe Frau, die ihre Doku-Soaps schon hinreichend zu nutzen weiß um sich an den Journalisten zu rächen, die ihr übel mitspielen.
Die Betonung liegt auf Soap - John Travolta ist nicht wirklich ihr Nachbar und seine Frau nicht wirklich ihre Diätberaterin. Die Übergänge zur Realität sind fließend, aber vorhanden.
Hätte Frau Fröhlich die Chance ergriffen, etwas von den starken Dicken zu lernen, wäre vielleicht ein lustiges "Moppelich reloaded" entstanden, in dem sie ihre Kilos erneut abnimmt oder eben eine lebensfrohe Entscheidung zum moppelig Bleiben trifft.

Aber so ist nur ein resigniertes Versagen und Gejammer an einer zu hoch gesteckten Hürde zum bewunderten Promi-Sein daraus geworden. Zurück bleibt bei mir nur der Eindruck einer Frau, die darauf besteht unheimlich sportlich zu sein, aber dauernd stolpert und sich übel verletzt.
Die meint den Genuss hochzuhalten und sich selbst von der Familie als Abfalleimer missbrauchen lässt.
Die meint, einen starken Charakter zu haben, sich aber von Thomas Gottschalk gleich zweimal öffentlich wiegen zu lassen, statt es sich zu verbitten.
"Auch wenn das ein Mann ist", darf man solche unverschämten Ideen ablehnen!
Man darf ja froh sein, dass Herr Gottschalk sie nicht gebeten hat, splitterfasernackt "I will survive" zu singen ...

Ach nö, da klappe ich das Buch lieber auf Seite 139 zu - da bin ich nun zufällig - bevor es mich ganz runterreißt.
Für mich ist sie das perfekte Beispiel einer Frustfresserin und ich fühle mich eher animiert, den Ana-Paragraphen (Seite 115 - 120!!) zu folgen, als wie sie sein zu wollen.

4 Kommentare:

SusiP hat gesagt…

Danke für die herrlich aufschlussreiche Buchbeschreibung. Schade ums Geld.

Gruß
SusiP

Anonym hat gesagt…

Danke für die tolle Zusammenfassung. Zu viel zu wiegen ist eine Sache, aber andere Leute schlecht machen, um die eigenen Schwächen und die persönlichen Verbitterung zu rechtfertigen, ist armselig. Das Buch werde ich sicherlich nicht lesen, denn das brauche ich nicht.

Unknown hat gesagt…

ein super artikelecht gut und informativ, danke!
andere frage: was bedeutet Wii?

liebe grüße
yael

Miau hat gesagt…

Bei mir hat das Buch auch keinen bleibenden Eindruck hinterlassen und ich hab es, wie du, auch nicht fertig gelesen! Jetzt weiß ich aber dass ich es nicht nochmal lesen werde *g*
@yael: Wii ist die Nintendo Wii - eine Spielkonsole auf ders auch Fitnessspiele gibt... einfach goo.geln!