Freitag, 20. Februar 2009

Frühjahrsputz im Freundeskreis

Bei Kerzenschein und einem stark alkoholischen Getränk habe ich gestern Abend eine Liste erstellt, auf der ich alle Menschen in meinem Umfeld aufgelistet und bewertet habe.
Mir scheint, dass ich bisher kritiklos Menschen unter dem Aspekt, dass man nie zuviele Freunde haben kann, gesammelt habe. Jeder Mensch ist auf seine Art schön, Gott liebt uns alle, aber Gott hat auch keine Figurprobleme.
Ich schon, ich schwabble und gestern ist mir bei einem Spaziergang der Reißverschluss meiner Jacke aufgegangen, was ich für kein besonders gutes Zeichen halte.
Es war aber der einzige Spaziergang gestern, da ich vom Nachmittag an bei einem Kaffeekränzchen mit Verkaufsveranstaltung war. Tupperartig wurde sagenhaft teurer Modeschmuck verkauft. Ich konnte gar nicht glauben, dass es Modeschmuck war. Meine wenigen echt goldenen Schmuckstücke haben kaum oder gar nicht mehr gekostet ...
Mir gefiel kaum etwas und noch weniger davon wollte ich mir leisten, so dass ich dann die Art Gast war, die Torte frisst, Aldi-Sekt säuft und wieder geht, ohne wenigstens ein Anstandsstück zu kaufen.
Ich habe ein Faible für filigrane Schmuckstücke, zierliche, dezente aber teure Sachen, die an einer Wuchtbrumme wie mir evtl. nicht wirklich zur Geltung kommen, aber es macht mir Spaß, sie zu haben.
Unsere Schmuckberaterin zeigte mir aber lieber Schmuck für Dicke. Schmuck für Dicke ist echt praktisch. Wer zwischendurch mal mit dem Auto liegenbleibt, kann eine der Ketten zum Abschleppen benutzen und fällt die Dicke tot um, hält einer der Klunker an ihrem Ohr dann als Grabstein her.
Gruselig.
Wieder daheim hatte ich leichtes Sodbrennen von der Torte, weshalb ich meinen Giftschrank öffnete und meine Schnäpse sichtete. Dabei kam mir dann der Gedanke, dass ich doch derzeit abnehmen möchte. Meinen Lebenswandel so ändern, dass die Pfunde ohne rigiden Ernährungsplan von selbst schwinden. Gute Idee, lausige Umsetzung.
Bisher habe ich immer dann die Pausentaste in diesen Plan gedrückt, wenn irgendwas war.
Im Leben einer berufstätigen, alleinerziehenden Mutter ist immer irgendwas und so ist es wenig überraschend, dass die Konsultation meiner Waage heute Morgen eine Rückkehr zum Anfangsgewicht zeigte.
Es gilt die Irgendwasse drastisch zu reduzieren.
Ich liebe Pläne, Listen und Tabellen - Berufskrankheit - und so kam es zu der Liste meines Umfelds, die einige sicherlich zynisch finden werden.
Ich bewertete alle rein auf ihren Nutzen für mich.
Wie gesagt, Gott liebt sie alle und ich möchte niemandem irgendwas anderes absprechen, als ihren Nutzen für meinen Gewichtsverlust. Torte ist etwas Himmlisches, Torte macht aber dick.
Zuerst einmal listete ich in der linken Spalte alle Namen auf - auch die meiner Kinder.
In der ersten Spalte daneben notierte ich, ob ich die Person mag, aber das war ein Flop, denn ich brachte es kaum über mich, irgendwen schwarz auf weiß nicht zu mögen.
Also drehte ich es um und notierte in der nächsten Spalte, was diese Person für mich fühlt.
Und siehe da: ich fühle mich von vielen abgelehnt und versuche ständig, es ihnen recht zu machen oder trotte nur hin und sitze meine Zeit ab.
Dabei ging mir auch der Kronleuchter an, dass ich sämtliche Sammelveranstaltungen nicht mag.
Bei Treffen mit mehr als 3 Personen fühle ich mich wie ein Pickel.
Partys verbringe ich krampfhaft lächelnd und in der Hoffnung, dass keiner merkt, dass ich alleine stehe oder mich heimlich an eine Gruppe angeschlichen habe. Wobei ich es aber auch nicht mag, wenn mich jemand zutextet. Bei einer Party erzählte mir mal eine Frau, von all ihren Haustieren und gestorbenen Kindern. Eine krude Mischung und ich sah durchaus Zusammenhänge und konnte mich dennoch dem Sog der von ihr ausging nur schwer befreien.
Langer Rede, kurzer Sinn: Partys habe ich gestrichen, bis ich unter 70 Kilo bin.
Sobald ich unter 70 Kilo bin, werde ich aus dem Grund auf Partys gehen um möglichst vielen Menschen gleichzeitig meine neue Figur zu zeigen.
Mit dem Programmpunkt keine Partys mehr, habe ich meine Umfeld-Liste schon mal gut reduzieren können.
In der nächsten Spalte notierte ich nun, wann ich das letzte Mal herzlich mit der Person gelacht habe. Es ist erstaunlich, mit wievielen Menschen man noch nie gelacht hat.
Dann machte ich die Spalte "Nähe" auf.
Welchen Personen fühle ich mich nah?
Eine Spalte für "wer regt mich intellektuell an? oder bringt mich auf neue Ideen?"
Ich hoffe, es gibt nicht zuviele Gutmensch-Aufschreie in der Kommentarfunktion, aber ich hielt einen Frühjahrsputz im Freundeskreis und habe tatsächlich 6/7 meines Umfelds gelöscht.
Hinter vielen habe ich eine Kilogrenze notiert, zu der ich sie wieder aufzunehmen bereit bin, wenn dann noch eine Nachfrage nach mir besteht, denn natürlich ist mir nur allzu bewusst, dass ich das Risiko eingehe, diese Menschen nachhaltig zu verlieren.
Das Risiko gehe ich ein, denn derzeit habe ich an ihnen nicht mehr als an Menschen, die zufällig mit mir zusammen im Kino sitzen.

Was mich aber freut, ist das Abschneiden meiner Kinder.
Bei jedem einzelnen habe ich das gute Gefühl, sehr viel richtig zu machen, denn ich fühle mich respektiert, geliebt und nahe - auch dem pubertierenden Stachelvolk. Und gelacht wird andauernd mal. Dafür brauche ich nur mein Sportzeug anzulegen ...

Auch Eva wird bleiben.
Ich fühle mich ihr nicht wirklich nahe, aber sie bringt neue Impulse, bringt mich zum Lachen, verführt nie zu Torte ... und gehört zu den wenigen, die eher Pfunde schmelzen lassen, denn neue bringen ...

1 Kommentar:

Anonym hat gesagt…

Das klingt schon heftig, wie Du das beschreibst. Wir haben nicht so viele Freunde / Bekannte, aber auch nach Anlegen Deiner Maßstäbe müssten wir nicht aussortieren, was mich doch recht freut.