Samstag, 28. März 2009

97 kg, aber ...

Gerade habe ich mir einen neuen Gewichtsticker gebastelt, denn der alte hatte ein Startgewicht von 95 kg. Begonnen habe ich meine Diät bei 79 kg. Als Buch dürfte das ein Flop werden ...

Aber ...

Mir geht es gut.
Nicht mit dem Gewicht. Ich habe mich nicht damit abgefunden, knapp 100 kg zu wiegen.
Aber ich sehe in diesem Gewicht nicht mehr das eigentliche Problem, sondern erkenne es als Teil der Lösung an. Mein Fett hat mich gezwungen, mich mit mir zu beschäftigen und das war gut so.
Mein Fett hat mich auf seine Art auch vor weiteren, überhasteten Beziehungen geschützt, denn die wenigsten Männer stehen auf fette Frauen. Und nebenbei hat mir das Anfuttern dieses Fettes wohl Kraft gegeben. Ich gucke stolz auf all das, was ich in den letzten Jahren erreicht habe und denke mal, die letzten Wochen und Monate, in denen ich nicht mehr versucht habe, das Fett schlicht abzubauen, sondern mit Ursachenforschung gefüllt habe, waren sehr sinnvoll.
Ich habe mich besser kennengelernt und was soll ich sagen?!
Ich mag mich.
Ich bin zwar in vielem ein entsetzlicher Tolpatsch, aber ich bin tough, gutmütig, optimistisch und ein echter Beißer, der nie aufgibt.
Woher ich jedesmal die "jetzt aber bestimmt"-Überzeugung nehme, weiß ich nicht, aber ich habe sie auch heute wieder - 97 kg ist der Scheitelpunkt: ab jetzt geht es bergab.
Jawohl ...

So bin ich derzeit zwar fetter als noch vor Wochen oder Monaten, aber mir ist so, als hätte ich meine Mitte gefunden (nicht im Kühlschrank), wäre mit mir ins Reine gekommen, hätte die Kommunikation mit meinem *rofl* inneren Kind aufgenommen ...
Wie auch immer man es formulieren möchte:
mir geht es gut mit mir

Fressanfälle -> Joghurt
Konkret sind seit einigen Tagen die abendlichen Fressanfälle ausgestanden.
Damit meine ich dieses hastige Koma-Fressen, das zu realen Völle-Gefühlen auf der einen Seite und tiefer Verachtung auf der anderen Seite führten.
Mittlerweile friere ich mir fröhlich mein Joghurt ein und freue mich regelrecht darauf.
Nach diesem evtl. kindisch anmutenden Ritual fühle ich mich spitzbübisch.
Wie jemand, der dem Schicksal ein Schnippchen geschlagen hat.
Raffiniert, witzig, kindisch, fröhlich albern ...
Das sind deutlich wohltuendere Gefühle, als die die das Verschlingen einer Dose kalter Ravioli auf Ex so hinterlassen.
Eine Dicke, die fröhlich grinsend ein gefrorenes Joghurt verschlungen hat, sehe ich deutlich lieber in mir, als die dicke Käferfrau die grübelt, ob sie die Dose der Ravioli versehentlich mit heruntergeschlungen hat.
Mir hat es also geholfen, diese Fressanfälle als mein Bedürfnis anzuerkennen und befriedigen zu wollen. Natürlich ist das nur eine Krücke. Das eigentliche Bedürfnis dürfte ein ganz anderes sein, aber diese Krücke bringt mich schon mal weiter.
Statt mir abends das Essen vergeblich zu verbieten und mich dann ununterbrochen wie der Fett gewordene Flop zu fühlen, weil ich nicht die Disziplin habe, ab 18 Uhr nichts mehr zu essen, habe ich mir meinen Heißhunger nun also gegönnt und Wege gesucht ihn, hm ... würdiger auszugestalten ... ne, kann man nicht wirklich formulieren ...

aber noch etwas habe ich weiter umsetzen können

Wenn mich mein Fett nervt, mache ich mich derzeit nicht mehr runter, sondern freue mich auf die fettärmeren Tage. Grob gesagt, visualisiere ich mittlerweile mit Bravur die ideale Pfundi.
Derzeit bin ich so fett, dass ich ab dem Abend meine Hosen eigentlich kaum noch ertrage. Auch der BH scheint mich umbringen zu wollen.
Statt der üblichen Selbstvorwürfe, dass ich diese Schmerzen regelrecht verdiene, freue ich mich darauf, wenn diese fettige Nebenwirkung ausgestanden ist und ich auch abends wieder hinreichend Platz in meiner Kleidung finde.
Nebenbei habe ich begonnen, meinen Kleiderschrank zu sortieren.
Ich sortiere dabei alles aus, worin ich mir nie wirklich gefallen habe.
Naja, wichtiger daran ist, dass ich mich auf manches Kleidungsstück regelrecht freue und es besonders liebevoll in Kisten packe, ein Stück Seife mit in die Kiste gebe, denn ich schätze die Verweildauer doch realistisch auf längere Zeiten ein ...
Mich auf diese Sachen zu freuen, fühlt sich viel besser an, als der Gedanke, wie peinlich es doch eigentlich ist, dass ich derzeit nicht hineinpasse.
Herbei zwingen kann man diese Sichtweise sicherlich nicht.
Ich bin einfach drangeblieben und habe mir immer und immer wieder vorgestellt, was das ideale Ich jetzt gerne täte. Dieses ideale Ich ist ein freundlicher Begleiter, der mich mit den Kindern in die Eisdiele gehen und aber fröhlich einen Latte Macchiato statt Eis bestellen lässt.
Nicht mit dem Gefühl, ich sei zu fett und dürfe kein Eis essen - sondern mit dem Gefühl, dass ich gar kein Eis haben möchte.
Da lausche ich gründlich in mich rein.

Oh ja, das muss ich erzählen ...
Also, ich habe letztens mit ein paar Frauen zusammengesessen, von denen eine gerade so eine verbiesterte "ich verzichte auf alles und treibe wie irre Sport"-Diät macht.
Den Nutzen einer solchen Diät kenne ich nur zu gut.
Er lautet: 7 kg runter in 6 Wochen und 9 kg rauf im Monat darauf
Ich wollte sie an meiner grandiosen Erkenntnis, dass man sich selbst bei Laune halten muss, teilhaben lassen und erwähnte freundlich, dass ich in letzte Zeit gerne mal so ein Magnum Temptation esse.

...

Der Blick, mit dem sie jedes einzelne Gramm Körperfett auf meinem Stuhl zu mustern schien, ließ mich schon verstummen. Ihr "ich glaube, das sieht man", war sehr unnötig und beschwor die idiotische Situation herauf, dass sie nun von denen, die eigentlich ähnlich denken, aber viel zu höflich wären, dies je auszusprechen - und zudem neidisch auf ihren Gewichtsverlust sind und sich deshalb freuen, sie mit moralischer Überlegenheit niedermachen zu dürfen, zu einer Entschuldigung genötigt wurde.
Meine Güte ...
Wenn sie noch nicht einmal in der Zeit, wo ihre Pfunde noch abtauen, gut und großzügig gelaunt ist, wie wird es ihr erst gehen, wenn diese Pfunde zurückkommen und Freunde mitbringen?
Ich habe jedenfalls die innere Notiz abgelegt, an ihr in den kommenden Monaten wieder meine "Neins" zu üben, was weitere Treffen angeht.

Gut, aber jetzt hier doch der Magnum-Tipp:
Dieses Eis ist göttlich lecker und schweineteuer.
2,- Euro für so ein kleines Dings - ich wünschte, es kostete 10,- ...
Will sagen: von Zeit zu Zeit und wir reden da von ca. einmal die Woche oder noch seltener, kaufe ich so ein Eis und gönne es mir von Herzen.
Dass es so teuer ist und so sahnig lecker, macht daraus etwas wirklich Besonderes.
Und wenn mir nun irgendwo etwas angeboten wird, überlege ich nicht "eigentlich darf ich das nicht", sondern "will ich das wirklich? ist es gut genug für mich?"
Fühle ich mich danach, als hätte ich mir Luxus gegönnt, als hätte ich mich verwöhnt?
Wenn ja, dann greife ich zu und gönne es mir auch.

Seit ich die Süßigkeiten meiner Kinder nicht mehr durch den "ich bin eh so fett, das darf ich nicht"-Filter sehe, nasche ich lustiger Weise viel weniger.
Was immer mich nun kalorienreich angrinst, steht nun vor der "macht es eine sinnliche Göttin aus mir?"-Frage.
Ist es meiner würdig?

Kartoffelchips gehe ich allerdings weiträumig aus dem Weg.
Kartoffelchips sind unfair, fuschen und brüllen alles mit "friss mich!" nieder.

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