Samstag, 31. Januar 2009

93,5 - Rubensliebhaber

Ich schulde Euch noch den Bericht über meinen gestrigen Ausflug.
Und zwar war ich bei einem Fotografen, der sich auf die Rubensfotografie spezialisiert hat.
Spätestens seit meinem Eintritt in die Welt des Online-Datings, ist mir das Phänomen der sogenannten Rubensliebhaber begegnet. Männer, die auf fette Frauen abfahren.
Bisher ging ich davon aus, dass es sich dabei um a) Perverse handelt, die die bereits korpulente Frau so lange mästen wollen, bis sie an ihrer eigenen Toilette festwächst, oder b) Loser, die sich von vornherein mit einer Dicken zufrieden geben, obwohl ihnen natürlich eine Dünne lieber wäre, sie aber meinen, da eh nie bis zur Wäsche vorzudringen.
Ich gebe zu, mich muss überhaupt niemand meines Gewichtes wegen diskriminieren: ich kann das ganz fantastisch alleine ...
Noch vor kurzem dachte ich, ich müsse abnehmen, um wieder in der Welt derjenigen, die guten Sex haben und begehrt werden Einlass zu finden, aber so langsam kippt die Gleichung in der Richtung, dass ich begreife, dass die Sinnlichkeit etwas ist, was einen ganz hervorragend davon abhalten kann, den Kühlschrank leerzufressen.
Damit meine ich nun weiß die Waage nicht, dass ich nun einen Versicherungsmakler nach dem anderen vernaschen möchte. Das war ein Intermezzo, das hoffentlich beiden gut getan hat. Ihm die Gewissheit, dass er Frauen sehr wohl befriedigen kann und mir die kleine Überraschung, dass Männer darauf aus sein könnten.
Ich bemerke endlich die doofe Schere in meinem Kopf, dass ich selbst mich ob meines Fettes für minderwertig hielt und Männer mied, da ich davon ausging, dass keine Begegnungen auf Augenhöhe stattfänden, da ich von meinem Gewicht automatisch zwei drei Stufen nach unten gezogen würde.
Alles Quatsch!
Wenn Frauen ihre Blusen öffnen, können die Blicke der Männer so einiges aussagen.
Mir begegnete ein begeisterter "wow, viel! alles meins!"-Blick, an dem ich mich jetzt noch wärme und den ich später mit einem höflichen "oh, meine Güte, bist du guuuuuuut!" beantwortete - öfter.
In diesem Online-Seitensprung-Fleischmarkt, gibt es gleich mehrere Rubriken in denen Dicke sich sehr nackt präsentieren. Einige voller Wonne und ansteckend unbekümmert. Vieles davon finde ich sagenhaft peinlich und schäme mich fremd, aber anderes fand ich regelrecht schön.
Ich blätterte mich durch prall gefüllte Bilder-Galerien, entdeckte Posen, die gehen und andere, die eher nicht gehen und nach dem nächsten Duschen erwischte ich mich selbst dabei, wie ich die eine oder andere Pose vor dem Spiegel nachahmte.
Von dort war es dann nur noch ein kleiner Schritt, Kontakt zu einem Fotografen aufzunehmen, der sich professionell auf die Rubensfotografie spezialisiert hat.

Im Vorfeld hatte ich ein paar wundervolle erotische Phantasien, wie man sie immer nur im Vorfeld irgendwelcher realen Begegnungen haben kann. Meine Lieblingsphantasie beinhaltete große Mengen roten Samtes, Perlen, Champagner und mittendrin drapiert wie ein Schokotrüffel: moi!
Und ein Fotograf - oh, ich sage nur Waschbrettbauch! Sehnig und da es in dem Studio so warm war, damit meine entblößten Üppigkeiten nicht emfpindlich froren, fotografierte er natürlich auch nur dürftig bekleidet. Und irgendwann, wenn der arme Kerl hinter seiner Knipse eh schon rasend vor Verlangen war, sich auf meine Röllchen zu stürzen, würde ich in boshaft erotischer Absicht irgendwas so raffiniert Verlockendes sagen, dass er nicht länger widerstehen könnte ... *soifz*
--- cut ---

Die Realität ist voller Schrankwände ...
Mein professioneller Rubensfotograf ist ein glücklich verheirateter Familienvater mit Ado Spitzengardinen und künstlerischem Anspruch, den er in epischer Breite zu formulieren weiß. Mit leiser, für einen Mann, der mich zu weiteren erotischen Phantasien locken könnte, viel zu hohen Stimme und viel zuviel Körperbehaarung an viel zu vielen Stellen.
Zudem ist er mir zu moppelig als Mann. Als Fotograf hingegen genau richtig ...
Er war zwischendrin etwas enttäuscht, dass ich keine Vorstellungen hätte von meinem Foto und nun fiel ich ihm dann doch mal ins Wort und meinte, dass ich sehr wohl Vorstellungen hätte, aber er mir bisher noch keine Gelegenheit gegeben hätte, diese zu äußern.
Er lachte und erzählte, dass ihm das oft gesagt wird, dass er zu dem Thema ohne Punkt und Komma redet und redete weiter ohne Punkt und Komma.
Es war eigentlich ganz angenehm.
Ich nippte an meinem Kaffee und weil er sprach und sprach, gewann ich trotz des Nippens einen gewissen Vorsprung und so hatte ich 3 Tassen Kaffee und er nur 1 und davon dürfte er 3/4 kalt getrunken haben. Nun, ich hörte 3 Tassen lang zu, wie er große Mengen Bedenken ausräumte, die ich nie hatte und viele Fragen beantwortete, die mir nie in den Sinn gekommen wären.
Zwischendurch musste ich grinsen und brachte ihn damit wohl ziemlich aus dem Konzept, denn mir war plötzlich in den Sinn gekommen, worüber wir eigentlich sprachen und dass das eigentlich doch ziemlich ungeheuerlich war. Wir redeten darüber, mich pudelnackt zu fotografieren.
Ein Thema, wo es schon eines echten Mannes bedarf, eine Frau irgendwann in Grund und Boden zu langweilen.
Was mich hielt, war sein Bildband mit wirklich sehr gelungenen Aktbildern dicker Frauen.
Da will ich auch hin!
Und ich verrate nur soviel: da komme ich auch hin!

Den Abend verbrachte ich dann wieder mit prickelnden Gedanken, statt mich mit der Leerung meines Kühlschranks zu beschäftigen. Prickelnde Gedanken an eine Bäckereifachverkäuferin, die Dank eines vertragsbrüchigen Rubensfotografen der gesamten Samstags-Kundschaft die neueste Ausgabe der Blitz-Illu unter die Nase hält und denen, die ihre Brille nicht dabei haben erläutert, dass ich das sei.
Nackt!

1 Kommentar:

Anonym hat gesagt…

"Ein jugendfreier Blog, keine Bange"

Ach-soo. Ja. Jugendfrei.

Ich musste 27 Minuten warten, bis mein Bildschirm sich entnebelen könnte...